Auch wenn sich Judith Schmid mit einer tief traurigen Geschichte über Demenz und einem romantischen Zaubernachts-Gedicht den Siegerpreis von einem Buch sicherte, gab es bei dem Texter-Wettstreit des Projekt Seminars „Poetry Slam“ am HGW am Freitag nur Gewinner.

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 Gleich zu Beginn lobte der Projektleiter des Oberstufenprojekts Bastian Mahler seine 14 Schüler und bescheinigte ihnen, dass sie alle nicht nur hervorragend schreiben können, sondern mittlerweile auch alle ohne Probleme vor Publikum auftreten können, was sie im Anschluss auch unter Beweis stellten. „Poetry Slam ist übrigens keine amerikanische Erfindung.“, erklärte Mahler, der auch, als einzig „Verkleideter“, witzig, charmant und souverän durch den Abend führte, „sondern es ist eigentlich eine Erfindung der Deutschen und Franzosen im Mittelalter.“ Damals habe es regelmäßig Dichter-Wettstreite gegeben, wusste der Deutsch- und Geschichtslehrer und erklärte erst einmal die Regeln: Jeder muss so auftreten, wie er ist, ohne Hilfsmittel und nicht verkleidet. Es müssen eigene Texte sein, die aber vorgelesen werden dürfen. Dem Inhalt der Texte sind keine Grenzen gesetzt, ob es sich nun um Kabarett oder Prosaisches, Ernsthaftes, Satirisches oder Humorvolles handelt spielt keine Rolle, lediglich ein Zeitlimit ist vorgegeben, das nicht überschritten werden darf. An diesem Abend einigte man sich aufgrund der vielen Teilnehmer auf 5 Minuten.

Die Jury besteht aus unabhängigen Bewertern aus dem Publikum, die Punkte zwischen 0 und 10 verteilen können, wobei der schlechteste und der beste Wert jeweils gestrichen werden. Keine leichte Aufgabe für Konrektor Josef Hurzlmeier (Mathe/Sport), Oberstufenkoordinator Markus Fiederer(Mathe/Physik), Gerhard Loh (Deutsch/Geschichte/Sozialkunde) aus dem erweiterten Schulleiterteam, Elternbeirätin Doris Wöhrl sowie drei weiteren spontan gewählten Juroren. Doch nach einigem Üben „Drei – Zwei – Eins – Hoch!“, zeigte sich Hurtzlmeier schließlich von seiner witzigen Seite und arbeitete zum Amüsement aller mit mathematischen Aufgaben wie Brüchen und Perioden.

„Der erste Interpret hat es immer am schwersten und deshalb haben wir uns ein sogenanntes Opferlamm auserkoren“, mit diesen Worten holte Mahler die Oberstufenschülerin Franziska Arnold auf die Bühne, die mit ihrem auswendig vorgetragenen Text, eine hohe Messlatte an den Tag legte.

Dass witzige Texte schwieriger sind und meist schlechter bewertet werden, diese Erfahrung mussten anschließend so einige der Jungs machen, wie Simon Kosian, der Elefanten ins Rennen schickte und Kilian Winter, der mit seinen tiefen Einblicken in die Psyche der Männer und Frauen vor einem leeren Blatt Papier zwar viele Lacher, aber dennoch nicht die hohe Punktezahl erhielt, wie die darauf folgenden Mädchen Aline Jokuschies und Verena Lederer mit ihren zum Teil hoch philosophischen Texten über Themen, was einen Tag eigentlich zu einem besonderen Tag macht oder, was sie alles schon gelernt hat, mit dem Titel, „das Leben ist kein Ponyhof“. Auch Sami Ermert, der als Waage vor Angst schlotterte, weil sich ein dicker Mensch ihm näherte und lieber Spiegel geworden wäre und Markus Karl, der über seine Fahrstunden witzelte unterlagen den poetischen Gedanken über die Liebe von Lisa Müller.

Der jeweilige Punktestand wurde von den beiden Technikern Andreas Freund und David Schmid akribisch festgehalten und per Beamer fürs Publikum sichtbar an die Wand geworfen.

Eine wirklich hohe Punktezahl als männlicher Teilnehmer konnte Johannes Röger mit seinem politischen Text über Korruption und Steuerhinterziehung einheimsen. Wie Kilian Winter eingangs machte auch Emma Eberhardt Gedanken zum Texten selbst und ihren ureigensten Problemen damit, während sich Maria Magdalena Krüger um den Umgang der Lebenden mit den Toten sorgte. Extrem mutig und witzig offenbarte Halil Acikgöz seine Liebe zu Sneakers und was er dafür alles auf sich nimmt und unterlag damit mit 0,3 Punkten weniger nur knapp Röger. Aber auch Simon Alsheimer, der sich in seinem Text darüber beschwert, dass man in der Schule „nichts Praktisches“ lernt, und Nils Holz, der den Hype „gesund zu leben“ auch einmal von einer anderen Seite beleuchtete und damit vielen im Raum aus der Seele sprach, konnten bei den Punkten vorne mitmischen. Der erste und der letzte Platz können Fluch und Segen zugleich sein. Für Judith Schmid stellte sich dieser Platz als Segen heraus, denn sie rührte mit ihrem Text über die Gedanken einer jungen Frau, die ihren an Demenz erkrankten Vater pflegt, einige im Raum zu Tränen, heimste damit am meisten Punkte ein und ging so zusammen mit Johannes Röger und Verena Lederer ins Finale.

Hier wurde nun nicht mit Punkten bewertet, sondern, sehr zum Leid der Jury mit der Lautstärke des Publikums, was sich ohne technischen Hilfsmittel durchaus als schwierig gestaltete, da alle drei Poeten ihre ganz eigenen Fans hatten.

Röger politisierte wieder, diesmal über Applegründer Steve Jobs und Lederer machte sich über das Gebrauchtwerden im Leben Gedanken. „Funkenzauber, Wirbelsturm, Feenstreich und Lindenwurm, Hexenküche nicht allein, hier im Mondenschein“, lautete der Refrain ihres romantischen Gedichts Blutmond – Zaubernacht, mit dem Judith Schmid sich schließlich den Sieg ergatterte.

„Ich hoffe ihr habt gelernt, dass Deutschunterricht nicht nur trockenes Analysieren irgendwelcher Gedichte aus den vorigen Jahrhunderten ist,“ betonte Mahler und gratulierte Schmid mit einem Buchgeschenk und fügte flachsend hinzu: „und wahrscheinlich müssen in ein paar hundert Jahren die Schüler eure Gedichte analysieren.“ Aber auch die Schüler hatten für ihren Lehrer anerkennende Worte und bedankten sich bei ihm mit einem kleinen Geschenk „für alles was wir bei Ihnen gelernt haben und vor allem dafür, dass das immer so viel Spaß gemacht hat!“. Am Schluss freute sich Elternbeiratsvorsitzende Kathrin Schreck: „Das tut richtig gut zu wissen, dass man auch vorlesen darf!“ und überreichte den Künstlern ein kleines Geschenk in Form von Notizblöcken und Bleistiften „für die schnellen Geistesblitze von unterwegs“.

 

(Offizielle Punktezahl: Simon Kosian, 31,5, Kilian Winter 37, Aline Jokuschies 40,5, Verena Lederer 46, Sami Ermert 38,5, Lisa Müller 41,5, Markus Karl 34,5, Johannes Röger 43,8, Emma Eberhardt 43,5, Maria Magdalena Krüger 37,2, Halil Acikgöz 43,5, Simon Alsheimer 37,8, Nils Holz 42,5, Judith Schmid 48,1)

 

Text: Birgit Schmid