Bericht von dem Europaseminar der Europäischen Akademie Bayern e. V. und der Jugendoffiziere Nürnberg und Bamberg:

Geschichte vor Ort – das gibt es auch für Lehrer. Die Fortbildungsveranstaltung „Motor in Europa – Die deutsch-französischen Beziehungen“, organisiert von der Europäischen Akademie Bayern e. V. und den Jugendoffizieren Nürnberg und Bamberg führte die 23 Teilnehmer, darunter Philipp Armbruster und Renate Nosko vom HGW, zunächst nach Metz. Nach der Besichtigung der Kathedrale Saint-Etienne, in der unter anderem die von Marc Chagall geschaffenen Fenster zu bewundern waren, erfuhren wir im Laufe der etwa zweistündigen Stadtführung interessante Details zur wechselvollen Geschichte dieser lothringischen Stadt, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 dem neu gegründeten Kaiserreich angegliedert worden war. Davon zeugt beispielsweise die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete protestantische Kirche Temple Neuf, deren Architektur dem Dom zu Speyer und dem Wormser Dom nachempfunden ist.

Am folgenden Tag ging es weiter nach Verdun. Auf dem Hügel über der Stadt, wo vor dem Ersten Weltkrieg kleine Dörfer, Bauernhöfe und fruchtbare Äcker waren, bietet sich dem heutigen Betrachter eine Kraterlandschaft, die bis auf wenige Stellen bewaldet ist. Bei der Besichtigung des Beinhauses von Douaumont, vor dem 1984 der französische Staatspräsident François Mitterand und Bundeskanzler Helmut Kohl, sich an den Händen haltend, der unzähligen Opfer auf beiden Seiten gedachten und die deutsch-französische Aussöhnung und Freundschaft bekräftigten, beim Anblick der endlosen Gräberreihen auf dem Soldatenfriedhof und der Busfahrt durch das in einem langwierigen und äußerst verlustreichen Stellungskrieg heiß umkämpften Geländes wurde einem die Dimension dieser Schlacht von Verdun, die zum Sinnbild des Grabenkrieges und der Materialschlacht wurde, bewusst. Es ist beklemmend, dass auch die Menschen als Material betrachtet wurden und die Soldaten immer wieder den Befehl bekamen, die Schützengräben zu verlassen, um vom Geschütz- und Maschinengewehrfeuer und den Granaten dahingemäht zu werden. Und es ist unverständlich, wie viele Menschen heute vergessen haben oder nicht wahrhaben wollen, dass das vereinte Europa der Garant des nun seit 72 Jahren währenden Friedens ist.

Das dritte Ziel der Fortbildung war schließlich die europäische Metropole Paris. Nach der dreistündigen Stadtrundfahrt, auf deren Route so bekannte Sehenswürdigkeiten lagen wie der Louvre, die Nationalversammlung und der Triumphbogen, unter dem sich das Grabmal des unbekannten Soldaten befindet, kamen die Seminarteilnehmer in den außergewöhnlichen Genuss einer Führung durch den Elysée-Palast, den Amtssitz des französischen Staatspräsidenten. Im Anschluss daran fand in der Deutschen Botschaft ein Gespräch mit Michael Kratz statt, der Erster Sekretär und Referent für bilaterale Beziehungen ist. Dabei ging es nicht nur um das Verhältnis der beiden Nachbarstaaten zueinander und Deutschlands Stimme in Frankreich, sondern natürlich auch um die aktuellen Präsidentschaftswahlen. Auch am folgenden Tag war die Stichwahl zwischen dem parteilosen Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und der rechtspopulistischen Marine Le Pen das beherrschende Thema. So stellte der Leiter des Pariser Büros der Friedrich Ebert-Stiftung, Stefan Dehnerd, die Kandidaten vor und analysierte den Wahlkampf und die Situation in Frankreich, wobei er besonders auf das Thema Migration und Integration einging. Abschließend besuchten wir das ARD-Studio, wo wir nicht nur von der Studioleiterin Ellis Fröder, sondern auch von ihren Mitarbeitern überaus interessante Einblicke in die Arbeit der Journalisten bekamen.

Renate Nosko